Trigeminusneuralgie - Tic doloreux
1.1 Krankheitsbild
Die Trigeminusneuralgie, früher auch häufig
Tic doloreux genannt, ist ein Krankheitsbild, das mit heftigen,
einschießenden und nur Sekunden anhaltenden Schmerzen
einhergeht.
Die Schmerzen strahlen auschließlich in das
Gebiet der Trigeminusäste aus und lassen sich durch Berührung
oder Kältereize in dem betroffenen Gebiet triggern.
Die Schmerzen sind äußerst heftig. Sie werden vom
Patienten meist zwischen 7 und 10 auf der visuellen Analogskala
angegeben. Zwischen den Attacken ist der Patient beschwerdefrei.
Die Anzahl der Attacken kann erheblich variieren.
Sind sie sehr häufig, ist der Patient nicht mehr in der Lage
Nahrung und Flüssigkeit auf zu nehmen. Da Sprechen ebenfalls
Attacken triggern kann, ist dann eine Verständigung oft nur noch
schriftlich oder über Zeichensprache möglich
1.2 Differentialdiagnosen
Eine Trigeminusneuralgie wird bei Patienten eher zu häufig
diagnostiziert. Am häufigsten dürfte die
Trigeminusneuralgie mit dem atypischen Gesichtsschmerz und der
Sinusitis maxillaris verwechselt werden. Beide Krankheitsbilder
können zwar auch mit erheblichen Schmerzen einhergehen und auch
z.B. durch Kälte verschlimmert werden, jedoch treten die
Schmerzen hierbei nicht in Form von Attacken auf, vielmehr gehen
diese Krankheitsbilder mit einem Dauerschmerz einher.
Eine Verwechselung ist auch mit dem sehr seltenen
Cluster-Kopfschmerz oder mit der Zosterneuralgie möglich.
Anamnese und Dauer ermöglichen jedoch auch hier die
Differentialdiagnose.
1.3 Symptomatische und idiopathische Trigeminusneuralgie
Wesentlich für die Therapie ist die Unterscheidung zwischen
einer symptomatischen und einer idiopathischen Trigeminusneuralgie.
Am häufigsten tritt die idiopathische Trigeminusneuralgie
auf. Meist sind die Betroffenen über 50 Jahre alt. Die Neuralgie
tritt fast auschließlich einseitig bevorzugt im zweiten und
dritten Ast des N. Trigeminus auf. Neurologische Ausfälle findet
man bei der idiopathischen Form nicht.
Der Verdacht auf eine symptomatische Trigeminusneuralgie ist
gegeben, wenn die Erkrankung deutlich vor dem 50. Lebensjahr beginnt,
wenn die Beschwerden beidseitig auftreten, wenn der erste Ast
betroffen ist und wenn ein Defizit besteht.
Da sich beide Formen nicht immer sicher anhand der klinischen
Symptomatik unterscheiden lassen, ist die Durchführung eines
MRT´s bei Erstauftreten obligat.
2.1 Ursachen
Die häufigste Ursache für eine symptomatische
Trigeminusneuralgie ist die MS gefolgt von einem Tumor im Bereich des
Kleinhirnbrückenwinkels.
Bei den sogenannten idiopathischen Trigeminusneuralgien findet
man als häufige Ursache eine vaskuläre Kompression des N.
Trigeminus, die zu einer Demyelinisation der Nervenfasern führt.
Man vermutet, daß es auf diese Weise zu einer Art Kurzschluß
zwischen Fasern kommt, die z.B. taktile Reize leiten, und solchen,
die eine Schmerzempfindung vermitteln.
3.1 Therapie
Bei einer symptomatischen Therapie wird man versuchen , den
Krankheitsverlauf durch Therapie der Grundkrankheit günstig zu
beeinflussen.
Bei der idiopathischen Form gibt es die Möglichkeiten einer
medikamentösen Therapie, einer Therapie durch ganglionäre
Opioidanalgesie des Ganglion superior
oder auch einer Blockade des Ganglion
stellatum und die Möglichkeiten eines neurochirurgischen
Eingriffes mit vaskulärer Dekompression oder mit der Möglichkeit
eines neurodestruktiven Verfahrens.
3.1.1 Medikamentöse Therapie
Bei der medikamentösen Therapie ist in erster Linie das
Carbamazepin, ein
Antikonvulsivum zu erwähnen, das unter den Namen Tegretal,
Timonil, Sirtal, Fokalepsin und Carbium im Handel ist. Vorsicht ist
geboten, da diese Darreichformen jeweils unterschiedliche Mengen des
Wirkstoffes enthalten.
Laboruntersuchungen:
Vor Beginn der Therapie sollte eine Bestimmung von Creatinin,
E´lyte, ein kl. Blutbild und die Bestimmung der Leberenzyme
erfolgen.
Dosierung:
Gewöhnlich wird eine Initialdosis von 100 mg Carbamazepin
als Tagesdosis empfohlen, die alle zwei bis drei Tage um 100 mg
erhöht werden soll.
Angesichts der Schwere des Krankheitsbildes beginnen wir mit 300
mg Carbamazepin als Tagesdosis und steigern täglich um 100 mg
bis eine Gesamtdosis von 600 mg pro Tag erreicht ist. Nebenwirkungen,
wie Müdigkeit und Schwindel werden vom Patienten gerne
akzeptiert, wenn nur die furchtbaren Schmerzen verschwinden.
Insbesondere bei Patienten, bei denen die Trigeminusneuralgie
noch nicht allzu lange besteht, kann ein Effekt schon nach ein bis
zwei Tagen eintreten. Eine weitere Steigerung der Dosis erübrigt
sich dann.
Nach frühestens einer Woche sollte eine Spiegelbestimmung
erfolgen. Hat sich die Häufigkeit der Attacken bis dahin nicht
deutlich gebessert und zeigt der Patient keine Erscheinungen einer
Intoxikation ( Gangunsicherheit, Schwindel und Doppelbilder bei
Langzeittherapie) und liegt auch der Spiegel niedrig, so kann langsam
bis auf 1200 mg Carbamazepin Gesamttagesdosis gesteigert werden. In
seltenen Fällen wird vereinzelt auch dann noch kein
ausreichender Spiegel erreicht, so daß es dann sinnvoll sein
kann, die vom Hersteller empfohlenen Höchstdosis von 1200 mg
Gesamttagesdosis zu überschreiten.
Nebenwirkungen:
Als Nebenwirkungen treten besonders in der Anfangsphase
Müdigkeit, Schwindel und Sehstörungen auf. Sollten die
Beschwerden über eine längere Zeit hinaus bestehen, muß
die Dosis reduziert werden
Darüberhinaus können Hautausschläge und das
Auftreten einer Leukopenie oder sogar einer Agranulozytose zum
Absetzen des Präparates zwingen.
Fast regelmäßig kommt es zu einer Erhöhung der
Leberwerte, da durch Carbamazepin eine Enzyminduktion in der Leber
stattfindet.
Sollten die Nebenwirkungen zum Absetzen des Präparates
zwingen, kann auf Phenytoin, einem weiteren Antikonvulsivum
zurückgegriffen werden, das jedoch in erheblich größerem
Umfang mit Nebenwirkungen behaftet ist. Insbesondere die
Langzeitanwendung ist mit dem Risiko von irreversiblen
Kleinhirnschädigungen behaftet. Die Initialdosis liegt bei 100
mg/die.
Als weitere Alternative kommt noch Baclofen z. B.
Lioresal® in Frage, daß ursprünglich zur Behandlung
einer Spastik entwickelt wurde.
3.1.2 GLOA (Ganglionäre
Opioidanalgesie) und Stellatumblockade
Bei der GLOA werden ca. 2ml einer verdünnten Lösung von
Buprenorphin, entsrechend 0,06 mg Bruprenorphin (1 Amp. Bruprenorphin
auf 10 ml NaCl 0,9%ig aufziehen) transoral mit Hilfe eines
Abstandshalters in die Nähe des Ganglion cervicale superior
injeziert. Auch geringe Dosen von 0,03 mg Buprenorphin sollen wirksam
sein.
Spätestens nach 2 Injektionen an darauffolgenden Tagen
sollte die Anzahl der Attacken deutlich zurück gegangen sein,
ansonsten ist das Verfahren ungeeignet. Die Ansprechrate soll um 70 %
liegen.(Info vom Schmerzkongreß auf Langeoog , leider keine
Literaturangabe) Ist ein Erfolg anhand des Schmerztagebuches
nachweisbar, folgt eine tägliche Serie von Injektionen über
eine Woche. Danach werden die Abstände zwischen den Injektionen
ausgedehnt, sofern keine Zunahme der Beschwerden erfolgt.
Geeignet ist das Verfahren für Neuralgien
im Bereich V1, V2 und V3 .
Der Wirkungsmechanismus ist nicht bekannt. Unwahrscheinlich ist
eine systemische Wirkung, wenn man die geringe Dosierung betrachtet.
Außerdem sind systemisch verabreichte Opiate bei
Trigeminusneuralgie von keinerlei Nutzen.
Als Nebenwirkung ist die unweigerliche Triggerung
einer Attacke, Übelkeit während des Injektionsvorganges
(Injektion nur vier Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme!)
und die Ausbildung eines Hämatoms zu nennenn. Bei einer
Patientin sahen wir nach der Injektion einen etwa 10 Sekunden
anhaltenden Spontannystagmus. Ferner klagte die Patientin über
ca. weitere fünf Minuten über einen Drehschwindel, ohne das
neurologischen Ausfälle zu beoachten waren. Die Ursache dieses
Phänomens ist uns nicht klar.
Die Stellatumblockade eignet sich
vermutlich nur für Neuralgien
im Bereich V3. Sie ist im Gegensatz zur GLOA mit seltenen, jedoch
dann lebensbedrohlichen Risiken behaftet, so daß wir
grundsätzlich eine umfangreiche Aufklärung durchführen.
Ferner legen wir vor einer Stellatumblockade immer einen venösen
Zugang und führen eine Überwachung mit Pulsoximetrie und
EKG-Monitor durch. Eine Möglichkeit zur notfallmäßigen
Intubation muß gegeben sein.
3.1.3Neurochirurgische Maßnahmen
3.1.3.1Operative Dekompression nach Janetta
Bei der idiopathischen Form der Trigeminusneuralgie
kann bei Versagen konservativer Maßnahmen eine Operation nach
Janetta sinnvoll sein.
Folgt demnächst auf dieser Seite.

Diese Seite wurde von Cora und Ralf Neugebauer entworfen.
Letztes Update 21.08.1998