Thalamusschmerz - zentraler Schmerz

Der Thalamusschmerz ist das klassische Beispiel für einen zentralen Schmerz. Er tritt vermutlich wesentlicher häufiger auf, als man bisher vermutet hat. Neuere Studien sprechen von einer Inzidenz von 8%.(1) Durch den Schlaganfall werden hierbei die Teile des Gehirns zerstört, die zum sogenannten Thalamus gehören. Sämtliche Nervenfasern, die Empfindung von Berührung und Temperatur vermitteln, müssen diesen Teil des Gehirnes passieren. Deshalb wird der Thalamus auch das „Tor zum Bewußtsein“ genannt.
Der Thalamusschmerz entwickelt sich am häufigsten bei Schädigung des paramedianen und venterolateralen Anteil des Thalamus. Dabei können die Schmerzen unmittelbar nach dem Insult oder oder aber auch erst Monate, ja manchmal auch Jahre später einsetzen.(2)
Der Schmerzcharakter wir dabei als stechend, brennend und heiß beschrieben in der kontralateralen Körperhälfte beschrieben. Auch eine Allodynie ist häufig. Streß und Berührung in den betroffenen Gebieten können die Symptome verstärken.(3) Gelegentlich kann es zusätzlich zu unwillkürlichen z. T. auch als schmerzhaft empfundenen Bewegungen in der betroffenen Köprerhälfte kommen.
Der Thalamusschmerz gehört zu den am schwierigsten zu behandelnden Schmerzen überhaupt. Eine völlige Schmerzfreiheit läßt sich auch bei intensiver Therapie kaum erreichen. Die üblichen Schmerzmittel sind völlig wirkungslos. Selbst Morphin bringt nur in etwa 20% Linderung.(4) Mittel der ersten Wahl sind bei diesem Schmerzbild noradrenerge Antidepressiva wie wie z. B. Saroten®. Sie wirken über eine Veränderung der Schmerzwahrnehmung. Die Therapie sollte möglichst früh beginnen, da sie dann möglicherweise größere Chancen auf einen Erfolg hat. Bringen auch die sogenannten Antidepressiva keine ausreichende Schmerzlinderung, versucht man eine Kombination mit anderen Medikamenten. Doch auch dann ist ein Erfolg keineswegs garantiert.
Einige Medikamente wie z. B. das Ketamin®, ein Narkosemittel, bringen in ca. 46% eine Schmerzlinderung, jedoch ist dieses Präparat zur Behandlung des Thalamusschmerzes noch nicht zugelassen und wird noch weiter untersucht.(4)
In besonders verzweifelten Fällen versucht man durch riskante Operationen am Gehirn Schmerzfreiheit zu erzielen. Die anfänglichen Ergebnisse sind dabei zwar ausgezeichnet, jedoch hält der Erfolg meistens nicht dauerhaft an.
Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß Schmerzen nach einem Schlaganfall äußerst schwierig zu behandeln sind. Die Therapie ist langwierig und häufig frustran.

Zur Schmerzpraxis

(1)Acta Neurol Scand 1994 Sep;90(3):167-173
Thalamic stroke: correlation of clinical symptoms, somatosensory evoked
potentials, and CT findings.
Wessel K, Vieregge P, Kessler C, Kompf D
Department of Neurology, Medical University of Lübeck, Germany.
(2)Pain 1995 May;61(2):187-193
Incidence of central post-stroke pain.
Andersen G, Vestergaard K, Ingeman-Nielsen M, Jensen TS
Department of Neurology, Aalborg Hospital, Denmark.
(3)J Neurol Neurosurg Psychiatry 1996 Jul;61(1):62-69
Central pain: clinical and physiological characteristics.
Bowsher D
Pain Research Institute, Walton Hospital, Liverpool, UK.
(4)Pain 1997 Aug;72(1-2):5-12
Pharmacological classification of central post-stroke pain: comparison with the
results of chronic motor cortex stimulation therapy.
Yamamoto T, Katayama Y, Hirayama T, Tsubokawa T
Department of Neurological Surgery, Nihon University School of Medicine, Tokyo,
Japan.